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Landwirtschaft 4.0: Ein Ausblick

Hier ist der Name Programm: Das internationale ZIM-Netzwerk „AgriPhotonik – Wissensbasierte, standortangepasste und nachhaltige Pflanzenproduktion mittels optischer Verfahren“ möchte mithilfe intelligenter Systemintegration und Sensorfusion Innovationen ermöglichen. Damit streben die Partner aus Deutschland und Israel mittelfristig Lösungen an zur Ernährungssicherung und Ressourcenschonung als Reaktion auf den Klimawandel.

 

Die Arbeit aufgenommen hat das Netzwerk am 1. Januar 2020. Der offizielle Zuwendungsbescheid liegt dem Projektträger VDI/VDE-IT seit Mitte März vor. „Mit den Vorbereitungen haben wir bereits im Herbst letzten Jahres begonnen“, sagt Dr. Janina Bolling von Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V. Die Agraringenieurin managt das Konsortium von aktuell 29 Forschungsinstituten und Unternehmen, die im Themenfeld AgriPhotonik tätig sind. Auf israelischer Seite wird das Netzwerk von Photonics Israel koordiniert.

In der Vergangenheit gab es bereits einen Zusammenschluss aus Wissenschaft und Industrie aus dem Bereich Optik, der sich die gemeinsame Sensorentwicklung für den gezielten Einsatz in der Landwirtschaft zur Aufgabe gemacht hat, berichtet Dr. Manuela Zude-Sasse. Sie leitet die Arbeitsgruppe Präzisionsgartenbau der Abteilung Technik im Gartenbau am Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie e.V. und hat das internationale ZIM-Netzwerk „AgriPhotonik“ gemeinsam mit dem ATB sowie der OpTecBB initiiert. „Damals war es ein erster innovativer Schritt, wodurch das bestehende Messsystem verbessert wurde.“ Mit dem neu gegründeten Netzwerk vollziehe sich momentan jedoch ein Paradigmenwechsel: Während früher der Fokus der Sensortechnik beispielsweise auf der Temperatur etwa im Nacherntebereich gelegen habe, werde jetzt auf das pflanzliche Produkt geschaut. Wie geht es ihm? Wie ist der Reifezustand, sein Wassergehalt? „Mithilfe neuer optischer Sensoren ist es möglich, im Verfahren zerstörungsfrei am Produkt zu messen“, erklärt Manuela Zude-Sasse. „Landwirtschaftliche Erzeugnisse können durch die neue Generation von Sensoren langfristig begleitet werden, wodurch mehr Daten generiert und ausgewertet werden können“, ergänzt Janina Bolling. Nun stelle sich die Frage, wie die Produktdaten ins Verfahren zu integrieren sind.

Erstmals trafen sich die Partner aus Deutschland und Israel am 21. Januar zu einem Workshop im ATB. Bislang gehören dem Netzwerk agrartechnologische Forschungseinrichtungen an wie das ATB und IGZ sowie verschiedene Fachbereiche der HU zu Berlin und der Universität Potsdam, die TU Berlin und Fraunhofer-Institute im Mikrosystemtechnikbereich sowie u.a. die Agricultural Research Organization (ARO) und das Triangle Research and Development Center (TRDC) aus Israel. Bei den aus Deutschland beteiligten Unternehmen handelt es sich vor allem um kleine und mittelständische Firmen aus der Sparte Optik bzw. Mikrosystemtechnik, assoziierte Partner und Unternehmen gehören dem Bereich Software an. Ähnlich auf israelischer Seite: Hier sind es ebenfalls kleinere Unternehmen und insbesondere Start-ups.

„Corona hat unsere Arbeit ein Stück weit zum Erliegen gebracht“, beschreibt Janina Bolling die gegenwärtige Situation. Vorrangiges Ziel sei es, die Partner im Netzwerk zu halten. „Eine Reihe von Unternehmen ist damit beschäftigt zu klären, wie sie sich zukünftig ausrichten“, ergänzt Manuela Zude-Sasse. Das biete eine Chance, aber es bleibe nicht viel Zeit für Engagement innerhalb des Netzwerks. „Im Moment geht es darum, eine Vision zu haben. Durch die bisherige Diskussion haben wir schon viel gewonnen“, so Zude-Sasse weiter.

Wie viele Veranstaltungen konnte der für Mai vereinbarte Gegenbesuch in Israel nicht stattfinden. Neben einem Workshop mit ansässigen Firmen war u.a. ein Besuch in der ARO geplant. Doch es gibt andere Optionen: „Bei OpTecBB führen wir zurzeit Online-Seminare zu verschiedenen Themenbereichen mit internationalen Partnern durch, u.a. auch mit Themen und Partnern dieses ZIM-Netzwerks“, erzählt Janina Bolling. Ihr Ziel ist es, sie interaktiver zu gestalten, sodass etwa Gruppen im Austausch spezielle Themen bearbeiten. Konkrete Projektideen wurden bereits skizziert und es konnten auch schon Vorschläge für Verbundvorhaben formuliert werden. Zwei Vorhaben wurden auch schon in internationalen Förderprogrammen eingereicht, in denen es um die Verbesserung der Wassernutzungseffizienz geht. „Mit Ergebnissen rechnen wir Ende diesen, Anfang nächsten Jahres“, vermutet Manuela Zude-Sasse

Die Leiterin der Arbeitsgruppe Präzisionsgartenbau am ATB hat festgestellt, dass in der Landwirtschaft die Akzeptanz für das Internet of Things gestiegen ist: „Online-Angebote werden bereits stärker genutzt, zumal eine digitale regionale Produktion unumgänglich ist.“ Janina Bolling sieht in dem Trend, dass Konsumenten Produkte nach Hause bestellen, eine Herausforderung für die Landwirtschaft, der mit der Umstellung von Lieferketten begegnet werden kann: „Produzenten haben die Möglichkeit, den klassischen Weg zu umgehen und ihr Angebot auf Plattformen einzustellen. Und dafür brauchen wir Digitalisierung.“

Um sie in der Landwirtschaft weiter voranzutreiben, braucht das ZIM-Netzwerk „AgriPhotonik“ weitere Partner wie große etablierte Unternehmen als Multiplikatoren, doch vor allem Start-ups: „Deren Gründer haben ihr Studium meist erst kürzlich beendet, sind sehr erfahren im Technologiebereich und internetaffin“, erklärt Manuela Zude-Sasse. Sie geht davon aus, dass mit ihnen der Technologietransfer noch besser gelingen kann. Das heißt, Technik in den Prozess zu integrieren, damit Landwirtschaft und Produktion speziell bei rasch wechselnden Umweltbedingungen eine Empfehlung und ausreichend Unterstützung erhalten, die sie brauchen.

Um Start-ups für das Netzwerk zu gewinnen und in Projekte einzubinden, ist OpTecBB dabei, dessen Internetpräsenz zu erhöhen und Social Media-Kanäle anders zu bedienen. Eine großartige Gelegenheit sind auch die Photonik Tage Berlin Brandenburg im Oktober diesen Jahres: „Hier kommt eine große Photonik Community zusammen und wir werden das Netzwerk im Rahmen eines Workshops vorstellen“, sagt Janina Bolling. Sollten die Lockerungen dies nicht zulassen, gibt es andere Wege, zumal Manuela Zude-Sasse überzeugt ist, dass Corona als Einschränkung bereits neue Möglichkeiten eröffnet hat: „Die Richtung, die wir eingeschlagen haben, ist gut.“

 

Kontakt

Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V.
Kompetenznetz Optische Technologien
Dr. Janina Bolling
Rudower Chaussee 25
12489 Berlin
Tel. +49 30 6392 1727
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